Berlin Web Week

Auf der re:publica sind ja die Experten unterwegs. Die können Internet. Wenn die QR-Codes auf Plakate drucken, dann muss das Hand und Fuß haben.

Schauen wir uns als erstes den Stand der Berlin Web Week an:

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Pluspunkte: Die Größe ist top. Kann man scannen, man muss nicht auf die Knie gehen oder das Handy in die Luft werden. Schön auch die gestalterische Ausnutzung der Fehlertoleranz von QR-Codes. Der kleine Alex ist niedlich.
Nicht so toll: Ich habe keine Ahnung, was mich hinter dem Code erwartet. Warum soll ich den überhaupt scannen?

Ich mach’s trotzdem und auf meinem Display erscheint Folgendes:

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Ach du scheiße. Maximal verkackt.. Der nächste, bitte!

Nudel-Guerilla

Eine wundervolle Plakat-Guerilla-Kampagne hat das Züricher Theater Rigiblick abgefeuert: Um auf das Stück „Loriot“ aufmerksam zu machen, wurden Guerilla-Spaghetti auf  Fremdplakaten mit großen „Gesichterflächen“ angebracht. An der Nudel hing ein kleines Etikett mit einem QR-Code, hinter dem Infos zum Stück und dem Theaterspielplan zu finden waren. Charmante Idee…

(Die anschaulichen Bilder dazu auf ONEtoONE, ich kam leider nicht an die Bildrechte…)

PENNY. Gut gemacht.

Letzte Woche (oder so) startete eine neue PENNY-Kampagne, die auf allen Kanälen trompetete. Natürlich auch auf Plakaten, hier an einer Bushaltestelle:

Seht ihr den QR-Code? Sogar in scanbarer Höhe!

Dahinter verbirgt sich eine mobiloptimierte Webseite. Deren URL (bit.ly-URL, damit man auch den Erfolg messen kann) ist auch unter den QR-Code gedruckt, dazu steht da auch noch, was man hinter dem QR-Code erwarten kann („Jetzt scannen und das PENNY Einkaufserlebnis in Ihrer Nähe finden.“). Die dann folgende Webseite ist nicht nur mobiloptimiert, sondern verwendet auch die Geo-Location-API des Smartphones, um dem Nutzer die nächste Filiale raussuchen zu können und einen direkten Link in die Routenplanung zur nächste Filiale in Google Maps anzuzeigen. Öffnungszeiten sind auch dabei!

Da kann man nicht meckern. Alle Regeln wurden befolgt. PENNY hat’s verstanden.

(Übrigens scheint PENNY gerade echt Bock auf QR-Codes zu haben. Es werden jetzt auch die Produkte mit Zusatzinfos per QR-Code ausgestattet…)

Volksbank Plakat im Bahnhof Gießen – Wir machen den QR-Code zu klein

Der Klassiker. Gesehen im Bahnhof Gießen, in der Bahnhofshalle. Ein Plakat der Volksbank Mittelhessen hängt an der Decke und begrüßt die Reisenden in der Universitätsstadt Gießen. So weit, so gut. Eine Begrüßung ist immer begrüßenswert.

Leider platzierte man einen QR-Code auf dem Plakat und leider kann man diesen QR-Code nicht scannen. Er hängt drei Meter über mir in der Luft und weder ich, noch irgendjemand sonst kann so hoch springen um diesen QR-Code zu scannen.

Auch alle anderen Standards wurdne hier nicht beachtet.

– keine URL unter dem QR-Code
– keine Erklärung, was dieses schwarz-weiße Feld eigentlich ist

Schade um das Budget und vor allem um den Platz auf dem Plakat. In dieser Art funktioniert ein QR-Code nur, wenn man sein Handy durch die Luft wirft und auf diesen Weg versucht, den Code zu scannen. Die Erfahrung zeigt aber, dass das niemand macht.

QR-Codes überkleben

Praktisch: QR-Codes sind maschinenlesbar. Unpraktisch: QR-Codes sind nicht menschenlesbar (zumindest, wenn man nicht Neo heißt). Das bedeutet nämlich auch, dass die Codes eigentlich beliebig (zB durch Überkleben) manipulierbar sind – schließlich sieht man erst, was dahinter steckt, wenn man schon gescannt hat. Dieser „Exploit“ kann natürlich ebenso beliebig fies ausgenutzt werden, sei es durch die Hinterlegung von Schadsoftware auf den manipulierten Ziel-Websites oder auch durch inhaltliche Manipulation. Letzteres geschah zum Beispiel in Mainz, die QR-Codes auf den Wahlplakaten zur Oberbürgermeisterwahl wurden überklebt, die Frankfurter Rundschau zitiert Politiker der betroffenen Parteien:

„Wir haben drei bis vier Varianten gefunden, jeweils mit dummen Sprüchen. Ein Beispiel: ,Was ist grün und trägt ein Kopftuch? Eine Gürkin!’“

„Auf Plakaten auf dem Lerchenberg und am Schloss waren plötzlich QR-Codes mit Werbung für ein Feriendomizil auf Sylt.“

Lustig finde ich vor allem die Vorstellung, dass die Wahlkämpfer mit Ihren Smartphones von Plakat zu Plakat gezogen sind, um zu kontrollieren, ob das Plakat noch auf die richtige Webseite verlinkt.

Hundefutter nur nach Checkin!

Schon etwas älter, nichts desto weniger klasse: Eine wundervolle Plakatkampagne des Hundefutterherstellers GranataPet. Die Idee: Die Zielgruppe in einer Situation schnappen, in der sie für dein Produkt besonders empfänglich ist. In diesem Fall beim Gassigehen mit dem Hund. Das Plakat spuckt nämlich Hundefutter aus – aber nur, wenn man bei Foursquare am Plakat eincheckt: Check in! Snack out! Den Viralen Effekt (Checkins und Social Network Shares) und digitale Erfolgsmessung (sonst ja eher schwierig bei out-of-home) gibt’s gleich noch gratis dazu. Ein klasse Beispiel für die Verbindung von klassischem Plakat, einem standortbasierten Social Network und einer kreativen Idee für das Customer Engagement/Involvement:

Die Designer sind schuld!

Gerrit van Aaken bringt einen sehr validen Punkt, warum so viele sinnlose QR-Codes auf Plakaten auftauchen:

QR-Codes sind nämlich ein Kommunikationsdesigner-Ding. Usability-Experten haben mit der gehäuften Präsenz recht wenig zu tun, nein, die »Creative- und Artdirektoren« sind schuld. [..]

QR-Codes werden laut van Aaken gerne verwendet, weil sie „mysteriös“ und „spielerisch“ und irgendwie modern und/oder interessant aussehen. Meinen die Designer. Auch im Printbereich hat man manchmal das Gefühl, dass die Pixelklumpen lediglich einen Selbstzweck erfüllen. UX-Experten predigen stetig, dass alles, was keinen Mehrwert für den Konsumenten hat, weggelassen werden sollte. Das gilt auch für Plakat- und Printkommunikation. Nur in wenigen Fällen wird der QR-Code wirklich dafür verwendet, einen solchen Mehrwert für den Nutzer zu schaffen bzw. diesen einfacher zugänglich zu machen (ja, das geht!). Stattdessen werden die Dinger einfach hingeklatscht, wo früher mal die aus Designersicht hässlichen und unästhetischen URLs standen. (Gleiches gilt übrigens für unmotiviert in die Ecke geklebte Facebook-Logos. Bäh.)

Aber darum geht es nicht. Die QR-Code-Fans unter den Werbeleuten sind die gleichen, welche Flash-Intros für eine gute Idee halten, und die Navigationsmenüs ohne Beschriftungen entwerfen.

Oder 36-stellige Rabattcodes zum Abtippen auf Flyer drucken.

(Dafür sind QR-Codes übrigens ne Supersache.)